Ein sehr vertrauter Text wird uns an diesem Sonntag verkündet: Das Gleichnis vom Vater und seinen beiden Söhnen. Vielleicht, wahrscheinlich ist er dem einen oder der anderen bereits aus dem Religionsunterricht vertraut oder aus der Kommunionvorbereitung.
Die Botschaft scheint recht eindeutig zu sein; Jesus nennt sie sogar im Zwischenteil, der ausgelassen ist: „Das sage ich euch: Genauso freut sich Gott im Himmel über einen Sünder, der sein Leben ändert. Er freut sich mehr als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben, ihr Leben zu ändern.“ (Lk 15,7) Jesus macht deutlich, zu wem er gesandt ist: zu den Verlorenen, zu denen im Abseits, zu denen, auf die die „Gerechten“ herabsehen.
Aber wer sind wir in diesem Gleichnis?
Ich persönlich würde mich nicht zu den beschriebenen Sünder:innen, zu den „Verlorenen“ zählen. In so vielem stehe ich sozusagen auf der Sonnenseite des Lebens. Als „Gerechte“ würde ich mich allerdings auch nicht bezeichnen wollen. Ich versuche, die Botschaft Jesu in meinem Leben umsetzen. Oft genug bleibt es beim Versuch – aus Bequemlichkeit, aus Unvermögen, weil ich „nur“ ein Mensch bin. Ich bin mir bewusst, dass ich auf Gottes Barmherzigkeit angewiesen bin, auch auf die Barmherzigkeit meiner Mitmenschen, fehle ich doch in mehrfachem Sinne an der einen oder anderen Stelle.
Wenn aber ich auf Barmherzigkeit angewiesen bin, ist es auch an mir, barmherzig bzw. weitherzig anderen gegenüber zu sein. Das ist durchaus eine Herausforderung, mit der ich an der Seite des älteren Sohnes stehe. Das fühlt sich manchmal ungerecht an, gerade in Situationen, in denen ich eher auf der Seite der „Gerechten“ stehe …
Gott segne Sie mit Weitherzigkeit
Inga Schmitt
SonntagsImpulse.de