wissen Sie noch, wie Sie das Beten gelernt haben? Oder durch wen?
Wenn ich auf meine Kindheit zurückblicke erinnere ich mich an die täglichen Tischgebete und an die Sonntagsgottesdienste, in denen zwar zusammen, aber mit wenig Funken gebetet wurde.
Ich erinnere mich an das kleine aber berührende Gute-Nacht-Gebet, das meine Oma mit und für mich gebetet hat und an eigene „Gehversuche“ – in der Natur, oder abends, wenn alles um mich ruhig wurde.
Manches hat für mich nicht funktioniert: Beten nach Vorgabe, zum Beispiel.
Zu anderen Formen komme ich immer wieder zurück, weil sie mir helfen, einen Resonanzraum für G*tt zu öffnen. Besonders geprägt hat mich hier die kontemplative und musikalische Gebetspraxis in Taizé.
Das „wie“ des Betens ist für mich eigentlich keine Frage mehr. Nur, wozu und worum eigentlich beten?
„Bittet und es wird euch gegeben“, heißt es im heutigen Text aus dem Lukasevangelium. Lese ich diesen Satz isoliert, könnte ich an so manchen Tagen beinahe wütend werden. Wenn es nur so einfach wäre.
Vor allem in meiner Jugend habe ich viel mit einem solchen Bittgebetsverständnis gerungen, ebenso mit dem dahinter liegenden G*ttesbild. Diese Zweifel haben viel Kraft gekostet und ich bin dankbar, dass ich lernen durfte, dass es beim Beten um so viel mehr gehen kann. Dass mein Glaube nicht kleiner ist, nur weil ich das Bittgebet und Allmachtsvorstellungen G*ttes hinterfrage.
Diese Haltung lese ich auch aus dem heutigen Evangelium heraus: Dass G*tt immer schon da ist und ich in G*tt. Dass ich nicht bitten und anklopfen muss, damit G*tt mir entgegenkommt, sondern damit ich ihn entgegenkommen lasse. Dass Gebet Ausdruck wechselseitiger Beziehung ist und G*ttes Allmacht nur soweit wie Liebe und Freiheit gehen kann.
Das fordert mein Vertrauen manchmal heraus, aber es hilft mir auch, innerlich ruhiger zu werden und meine Energie auf die Dinge zu richten, in denen ich über eine Handlungsmacht verfüge. Denn wenn ich um etwas bete, dann nicht damit G*tt handelt, sondern damit ich handeln kann.
Ihnen wünsche ich eine gesegnete Woche!
Barbara Nick-Labatzki
Redaktion
SonntagsImpulse.de