Dieser Jesus aus Nazareth, er fordert heraus. Er fordert diejenigen heraus, die immer schon in klaren festen Strukturen leben. Die die Gesetze des Lebens genau kennen. Die das Leben immer schon in schwarz und weiß, in gut und böse eingeteilt haben. Diejenigen, die in diesem einfachen Farbspektrum die vielen Grautöne des Lebens nicht kennen oder nicht kennen wollen.
Bei ihnen sorgt die Haltung und Zugewandtheit Jesu den Sünder:innen gegenüber für Empörung. Denn da ist einer, der macht es anders. Er unterläuft ihre klaren Regelungen und harten Gesetze. Da ist einer, der untergräbt ihre Macht und Deutungshoheit.
Jesus macht es anders als die Pharisäer und die Schriftgelehrten. Er beurteilt nicht von außen und ausschließlich nach Gesetzeslage. Er setzt sich dazu. Teilt sein Leben mit den „Sünder:innen“. Er hört den Menschen mit ihren Lebensgeschichten zu. Er weiß, dass die Bewertung eines Menschen nach dem Schwarz-Weiß-Schema diesem nicht gerecht wird. Da sind diese vielen Grautöne, die verschiedenen Einflüsse, Prägungen, Erlebnisse, die einen Menschen zu dem machen, der er ist. Das bedeutet für Jesus aber nicht, dass es keine Möglichkeit der Lebensänderung, des Neuanfangs, der Umkehr gibt. Für Jesus ist jedoch klar, dass nicht Hartherzigkeit, sondern Barmherzigkeit die Voraussetzung für einen Neuanfang ist.
Der G-tt Jesu gibt den Menschen nicht auf. Er setzt beharrlich auf das Gute im Menschen. Und er weiß auch um die Scheinheiligkeit derjenigen, die meinen, sie bedürfen der Umkehr nicht.
Dieser Jesus aus Nazareth fordert auch mich heraus. Sensibel zu sein für die Lebensgeschichten der Menschen, die mir begegnen. Meine eigenen Bewertungs- und Beurteilungskriterien kritisch zu überprüfen. Und auch wahrzunehmen, wo für mich ein Neuanfang nötig ist.
Ich wünsche Ihnen und Euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche!
Hermann Steinkamp
Redaktion
SonntagsImpulse.de